»Der Kurparkmörder«

Von Jan Hinnerk Feddersen


Für einige der Fahrgäste ist es ein Schock, für andere eine Sensation, als an einem Samstagvormittag im Juli am Anleger der »Fünf-Seen-Fahrt« im ostholsteinischen Malente die Leiche einer jungen Frau angespült wird.

Schnell ist klar, daß es sich um die junge Studentin und Aushilfskellnerin Karen Heisemann handelt, die in den Semesterferien im Restaurant des nobelsten Hotels am Platze jobbt. Der Fall gibt den Ermittlern des Dezernats für Tötungsdelikte der Lübecker Kriminalpolizei eine harte Nuß zu knacken. Der Erste Kriminalhauptkommissar Bernd Kannengießer hält eigentlich sehr wenig von Ermittlern mit »Bauchgefühlen«, aber genau die sind es, die ihn Zusammenhänge erahnen lassen.

Aber erst ein längst pensionierter ehemaliger Kripo-Kollege aus Kiel, der sein Ruhestands-Domizil zufällig in der selben Pension in Malente bezogen hat, in der das Opfer sich für ihren Semesterferienjob einquartiert hatte, bringt Kannengießers Team auf die richtige Spur. Und die reicht weit in eine Vergangenheit zurück, in der es weder Handys noch Internet gab und in Schleswig-Holsteins Szenekneipen noch geraucht wurde, bis die Luft zum Schneiden dick war...

Der erste Band der Krimi-Reihe mit den Lübecker Kommissaren Bernd Kannengießer, Peter Kesten, Edgar Stranitzki und Anja Lüttke.
Erhältlich als Taschenbuch (400 Seiten, 13,99€, ISBN 978-3-748549-93-2) und als Ebook (3,49€, ISBN 978-3-739481-26-5 ).

... Die dunkle Wolkendecke, die am Himmel über dem Hotel Intermar hing, riss genau in diesem Augenblick auf, und die Sonnenstrahlen ließen die Wasseroberfläche hell glitzern.

Auf der Uferpromenade vor dem Anleger der »Fünf-Seen-Fahrt« hatten sich an diesem Sonnabendmorgen kurz nach neun etwa drei Dutzend Menschen versammelt und warteten auf das Ausflugsboot. Ein Trupp Rentner stand ein paar Meter abseits von den anderen, die Männer mit beigefarbigen Outdoorwesten und festem Schuhwerk uniformiert, die Frauen mit Kopftüchern und Schals und großen Umhängetaschen, in denen ausreichend Proviant für den ganzen Tag verstaut war. Sie hielten sorgsam Abstand zu einer Gruppe von zwei Familien, um die laut kreischend vier Kinder herumrannten.

Zwei der Kinder, zwei zehnjährige Jungs mit struppig gegelten strohblonden Haaren, tobten an dem Kassenhäuschen vor dem Bootsanleger vorbei zum Ende der Uferpromenade und ignorierten unbekümmert die hinter ihnen her gerufenen Ermahnungen ihrer Mütter.

An dieser Stelle mündete die Schwentine, nur wenige Meter breit, in den Dieksee, und genau in dem Moment, in dem die beiden Jungs atemlos das Geländer erreicht hatten, mit dem die Promenade abschloss, trieb die Leiche aus dem Fluß um die Ecke und bog in einer eleganten Kurve in den See ein.

»Ey - cool!« kreischte der eine, drehte sich um und schrie in Richtung seiner Familie: »Da schwimmt ‘ne Frau im Wasser!«

Da das nicht die gewünschte Wirkung erzielte - es erzielte nämlich gar keine Wirkung - bekräftigte der andere ihn, noch etwas lauter: »Da schwimmt ‘ne tote Frau im Wasser!« ...